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Kultur.West Magazine: Die Kunst kann vieles reparieren >
NOZ: Künstler Aljoscha kämpft mit Schönheit gegen Schrecken des Krieges >
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Deutsche Welle: Художник Aljoscha: "После войны в Украине должна пройти деолигархизация и демаскулинизация" >
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Жмеринка.City: До школи №1 у Жмеринці завітав сучасний український художник з Дюсельдорфу і подарував 2 інсталяції >
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International charity account for donations from EU and abroad:
1. Velykobychkivsʹkyy Litsey (Boarding school hosting 250 refugees from the East Ukraine, new sewage system as well as toilets reparations needed)
Charitable Organization "Myloserdya-M",
Ukraine, UA 90615, Welykyj Bytschkiw, International str. 8
JSC CB Privatbank
IBAN: UA443052990000026002033600144
SWIFT: PBANUA2X
National charity accounts for donations inside of Ukraine:
3. Kotyuzhany, Kotyuzhanivsky special boarding school (hosting refugees from the East Ukraine, roof is damaged and leaking, general renovation of the roofs needed; 6 laptops for computer class needed)
Charity Account, IBAN: UA138201720314271015301034359
4. Schmerinka, Boarding school of I-III degrees №1 (hosting refugees from the East Ukraine, total renovation of the sports-hall needed)
Charity Account, IBAN: UA108201720314221001301181240
8. Pantayivka, Boarding Sport Lyceum (total renovations as well as new sports-halls needed)
Charity Account, IBAN: UA048201720314231005301028810
9. Alexandriya, Alexandrian geriatric boarding house (renovations needed)
Charity Account, IBAN: UA878201720314231001301029004
Interview mit Kultur.West Magazine (ungekürzte Fassung):
1. Welche Gedanken gingen Ihnen als erstes durch den Kopf, als Sie am 24. Februar von der russischen Invasion der Ukraine erfuhren? Wie es der Zufall will, waren Sie in diesen Tagen in Kiew – vor der sogenannten Mutter-Heimat-Statue, einer Kolossalstatue zum Gedenken an den Sieg der sowjetischen Streitkräfte gegen Hitler- Deutschland, realisierten Sie Ihre performative Installation „Bioism condemns any violence against humans, animals and plants. The suffering and war must be stopped“.
Obwohl ich innerlich bereits eine ungute Vorahnung hatte und seit Wochen vor dem Krieg steigende Invasionsbedrohung spürte, hoffte ich trotzdem irgendwie auf eine friedliche Lösung, auf eine art Wunder vor dem Absturz in die Dunkelheit des Hasses.
Deshalb ging ich auch auf einige offensichtliche Risiken während meines kleinen Friedensaufstands ein.
Die pazifistische Aktion am 22.2. vor dem Mutter-Heimat-Monstrum bezeichne ich lieber als Friedens-Intervention, da es natürlich nicht genehmigt und als nackter Friedensprotest für manche Menschen sicher provokativ war.
Als am 24.03. um 4:00 Uhr Morgens beide Telefone plötzlich schellten, wusste ich sofort, dass meine bioethische Verbotsbeschwörung vor der “Kriegsgöttin” vergeblich war und dass das alte Unheil wieder zu uns gekommen ist.
Ich fühle mich immer noch sehr traurig gegenüber so viel ideologischer Verblendung, Aggressivität und Verhandlungsunfähigkeit.
Weitere anschließende Gedankenebene war natürlich: Was genau könnte Bioismus dort weiter unternehmen?
2. Welches Verhältnis haben Sie zu Russland? Sie wurden 1974 in der damaligen Sowjetunion geboren. Ihr Vater ist Russe, Ihre Mutter Ukrainerin, Sie selbst leben seit 2003 in Düsseldorf.
Mein Verhältnis zu Russland ist sehr komplex und natürlich nicht ethisch einfach. Ich betrachte grundsätzlich alle Staaten als soziale Prozesse, — nich als feste Erscheinungen, eher als Super-Organismen mit bestimmen Eigenschaften und Lebensfunktionen.
So gesehen ist Russland weder gut noch böse, sondern leider ständig krank und dazu seit Jahrhunderten mit abartig monströsen Staatsideologien zugedröhnt.
Die mythologische Lügen und Blendbegriffe wie “geheimnisvolle russische Seele” oder “russische Weite” oder “Leuchtturm der Welt” prägen kleinkarierte, aggressive Dummheit und Überheblichkeit der simplen, selbst verschriebenen nationalistischen Behandlungsmethoden.
Vom Ursprung durchaus europäisch, mutierte es wieder mal binnen kurzer Zeit zum antihumanistischen, Hass verbreitenden Weltschrecken.
Als Ukrainer wünsche ich Russland eine möglichst rasche Genesung und Besinnung.
3. Alles schaut in diesen Tage auf Kiew, aber wer spricht von Städten wie Oleksandrija, Pantajiwka oder Wyschnjaky? Gemeinsam mit Ihrer Frau haben Sie sich im März auf eine langen Autofahrt in die Ukraine begeben, um gleichsam im Niemandsland 14 Kinder- und Altenheime aufzusuchen – Orte, die sonst kaum jemand im Blickfeld hat, die aber nun als temporäre Schauplätze Ihrer „Bioismen“-Skulpturen Beachtung fand.
Zuletzt haben wir tatsächlich auch in Kiew installiert.
Außerdem waren es keine kurzfristige Erscheinungen, sondern lang gedachte, auf die Rückkehr von Kindern wartende Projekten.
Wie auch immer, das Niemandsland hat mich immer fasziniert, da diese prozesshafte und oft unbegreifliche Staatsleben dort ziemlich langsamer und deviativer fließt.
Ich frage mich immer noch, warum müssten wir unbedingt landesweit und so übergreifend agieren?
Vielleicht einfach weil wir die größeren Projekte lieben und das Land an sich selbst riesig und unbegreiflich ist.
Wir wollten möglichst viel sehen und dabei möglichst viele, gar nicht darauf wartende Menschen etwas glücklicher machen.
3a. Was hat Sie auf die Idee für Ihre Aktion „Bioisms seek and find new homes in special schools and asylums of Ukraine“ gebracht?
Mir war von vorne an klar, das ich weiterhin mit Verletzlichkeit, Bioethik und am wenigsten geschützten Menschengruppen arbeiten möchte.
Während im März viele Menschen aus der Ukraine bereits geflohen waren, schickten manche Kinderheime einige Kinder ebenfalls ins Ausland, wo der Kontakt weiterhin durch Online-Unterricht stattfindet.
Aber die Lehrer und Pfleger verblieben in Schulräumen, dazugekommen oft sind eher arme Flüchtlinge, welche nicht weiter ausreisen können.
Alle diese auch in normalen Leben sich selbst aufopfernden Erzieherinnen und Helfer — die in teilweise leeren Klassen verbliebenen Pädagogen, boten ratlosen aber lebensfrohen Bioismen ebenfalls Asyl in ukrainischen Sonderschulen und Heimen, in der guten Hoffnung, dass der Kriegswahnsinn bald ein Ende haben kann. In jeder Schule und jedem Heim gingen die Lehrer mit mir und biofuturistischen Skulpturen mehrmals durch die Räume und überlegten, wo die positive Überraschung auf Dauer am wirkungsvollsten wäre.
Wir versuchten uns gemeinsam vorzustellen: wo die Hoffnung am stärksten benötigt ist?
3b. Wie veränderten Ihre organischen, schwebeleichten Objekte den Charakter der Räume? Deren Spektrum reichte von Aufenthaltsräumen und Klassenzimmern über Korridore und Treppenhäuser bis zu Badezimmern und Turnhallen.
Das erste, was wir hörten wenn alles vollbracht war und noch nicht beteiligte Personen die hängende Bioismen zum ersten Mal erblickten, war leises unglaubliches Stöhnen “unglaublich”, oder Murmeln “wie schön”, oder “was zum Kuckuck ist das?”.
Die altbekannten Unterrichts- oder Aufenthalts-Räume wurden plötzlich zu besonderen Plätzen, wo etwas alienartiges und offen-geheimes stattfindet. Wo Unmögliches da ist, wo ein Portal zum Zukunftsleben und unbekannten Möglichkeiten eröffnet ist.
Manche dazugekommenen Lehrer baten mich sofort auch bei denen etwas aufzuhängen und so machten wir in manchen Gebäuden sogar 2 bis 3 Montagen. Genau so unbekümmert und spontan vergaben die Leute von sich selbst auch den Titel: „Es gibt uns die Hoffnung“.
„Die unsere Hoffnung ist da“ — „ja, das ist die Hoffnung.“
3c. Wie haben die Menschen vor Ort Ihr Engagement und Ihre Skulpturen
aufgenommen?
Erstmal natürlich zutiefst erstaunt und ungläubig.
Wer bitte schön reist ein wenn viele fliehen?
Und wer will dazu etwas mit Biofuturismus anstellen wenn nur die primitivsten Sorgen, Ängste und Schreckensnachrichten an der Tagesordnung sind?
Die meisten Menschen danach waren sehr froh und glücklich, erzählten uns viel und stundenlang über die Schüler und Schülerinnen.
Manche Direktoren gaben uns berührende Gegengeschenke.
Manche baten uns um die finanzielle Unterstützung: insgesamt 5 solche direkte Spendenkonten haben wir auf der Projekt-Webseite veröffentlicht, eine weitere kommt bald dazu.
3d. Wie stark waren Sie selbst und Ihre Frau bei dieser künstlerisch-pazifistischen Mission gefährdet?
Natürlich muss man bei solch großen landesweiten Projekten auch mit Widrigkeiten rechnen.
Das Land befindet sich im brutalen verbrecherischen Krieg und manche Leute sind auch ohne Konflikte schlicht misstrauisch.
So wurden wir 2 mal durch bewaffnete Polizisten und Bürgerwehr verfolgt und auch durch den SBU verhört.
In manchen kriegsnahen Orten waren die heulende Luftalarme oder Explosionsgedonner oder Schießereien an der Tagesordnung.
2 mal mussten wir die gesprengten Brücken durch das offene Gelände umfahren.
2 mal hatten wir einen Reifenwechsel, 1 davon verursacht von Raketensplitter, jedoch schnell und kostenlos zusammengeflickt von freundlichen Dorfbewohnern, nachts in einer Dorfgarage, mitten im Kriegsgebiet.
Am schlimmsten und beängstigenden fand ich persönlich die verminten Straßen und Straßenränder.
4. Angesichts des brutalen Krieges, den der russische Präsident Putin in der Ukraine entfesselt hat, fühlt sich wohl jeder hilf- und machtlos. Künstlern wird das nicht anders ergehen als jedermann. Welchen Einfluss hat die Kunst in einer solchen existenziellen Situation? Was kann sie ausrichten? Kann Sie überhaupt etwas ausrichten?
Die Kunst als höchste humane Tätigkeit kann vieles reparieren.
Als eine tatkräftige und schöpferische Art von Philosophie kann die Kunst sowohl subjektive Wunden und Verletzungen heilen sowie objektiv Zuversicht, Erhabenheit und Visionen schenken.
Seit Zivilisationsursprung benutzt die Menschheit Kunst um sich selbst besser zu begreifen und weiterzuformen.
Ich bin fest überzeugt, dass die Zivilisation entwickelt sich trotz mancher verbrecherischer Konflikte weiterhin in eine positive Richtung, bzw. auch Dank der Kunst.
Ich hoffe persönlich auf unsere weitere Bewegung Richtung einer Biokratie, anstatt
Demokratie, auf eine baldige United Ecosphere anstatt UNO.
Unsere höchste Gabe, die Fähigkeit unmöglich schöne und unerreichbare Dinge vorzustellen, müssen wir gemeinsam lernen kompositorisch und praktisch umzusetzen.
5. Vor knapp einem Jahrzehnt rückte die Ukraine schon einmal ins Rampenlicht der internationalen Öffentlichkeit. Von Dezember 2013 bis Februar 2014 brachten die Demonstrationen auf dem Kiewer Majdan Nesaleschnosti den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch zu Fall. Damit einher ging eine Wiederannäherung an die Europäische Union. An den Kundgebungen haben Sie sich seinerzeit mit einer künstlerischen Aktion beteiligt. Wie bewerten Sie aus heutiger Perspektive die Ereignisse auf dem Maydan? Kurz danach begann ja die russische Annexion der Krim.
Damals war ich nicht wirklich euphorisch.
Mir wurde schon klar, dass der in der oligarchischen Korruptionsohnmacht liegende ukrainische Organismus stolperte, kollabierte und dabei tiefe, kaum sofort sichtbare Veränderungen durchlebte.
Maidan war meiner Meinung nach nicht die Ursache von den Demokratie- Bestrebungen und Europa-Annäherung sondern eher die Kleptokratie-Katharsis mit offenem Ende.
Mir wurde bewusst, dass die andauernde Gesamtschwäche irgendwann durch neue vitale Kräfte aufhören wird.
Dass diese soziale Revitalisierung tatsächlich im Anschluss stattgefunden ist hat mich erfreut.
Unsere letzte Reise zeigte mir wie stark konsolidiert durch alle Regionen die ukrainische Gesellschaft mittlerweile ist und wie weit von der damaligen Politik-Indifferenz es sich jetzt entfernt hat: die Ukrainer handeln und helfen einander motiviert wie nie davor.
6. Im Bucerius Kunst Forum Hamburg zeigen Sie derzeit eine ortsbezogene Installation mit dem Titel „Der evolutionäre Optimismus“. Woher nehmen Sie angesichts der derzeitigen, drastisch angespannten politischen Großwetterlage die Kraft zum Optimismus?
Als Pazifist kann ich nur den bioethischen und deshalb klar optimistischen Enwicklungsvektor für bedeutend und wirksam halten.
Die Menschheit steht an der Schwelle zur eigener Veränderung zum etwas Niedagewesenem – wir fangen bereits an uns selbst zur neuen Spezies umzuwandeln.
Die biochemischen und genetischen Verbesserungen werden uns nich nur langlebiger und leistungsfähiger machen, sondern viel glücklicher, rücksichtsvoller und gegenüber Empathie empfindsamer umgestalten.
Die Biodiversitätsschäden können dabei teilweise rückgängig gemacht werden und die viel leidende Ecosphere soll stabilisiert und unantastbar erklärt werden.
Wer weiss, vielleicht erschaffen wir danach komplett neue Biotope auf noch nicht besiedelten Planeten?
Ich hoffe sehr auf unsere Freundlichkeit, Klugheit und Lust zum komponieren.